Was ist Meditation? [2]

Meditation ist etwas sehr Gewöhnliches

Viele Menschen glauben, dass Meditation immer mit mystisch transzendenten Erfahrungen zu tun haben muss.
Das kann natürlich irgendwann geschehen, aber die meditative Realität für die allermeisten Menschen sieht dann doch sehr viel gewöhnlicher aus und das ist keineswegs schlimm, sondern völlig in Ordnung.

Aufnahme im Buddha-Museum Traben-Trarbach (2016)

Oft wird gefragt, woran man merkt, dass man meditiert?
Die Frage ist schnell beantwortet.
Man meditiert, sobald man sich bewusst ist, welche Gedanken, Gefühle, Emotionen und Empfindungen gerade wahrgenommen werden, ohne dass man damit interagiert. Es ist ein offener, wahrnehmender Zustand, ohne sich selbst dazu in Bezug zu setzen.

Der Buddha soll mal einen seiner Zuhörer während eines Vortrags gefragt haben, ob er sich bewusst sei, dass sich seine große Zehe ständig bewegt?
Der Zuhörer muss sehr erstaunt gewesen sein, denn er war sich dieser Bewegung nicht bewusst. Also war er nicht in Meditation.

Ohne Achtsamkeit gibt es keine Meditation!„, war ein Ausspruch, den man von Ayya Khema (buddhistische Nonne der Theravada-Tradition) sehr oft hören konnte.
Achtsamkeit bedeutet auf sich selbst aufpassen oder gewahr sein, was in einem gerade passiert.
Besonders achtsam bin ich, wenn ich einen Moment innehalte und in mich schaue! Dann werde ich vielleicht wahrnehmen, dass da gerade ein Gedanke auftaucht oder mir wird meine Grundstimmung bewusst, die ich schon den ganzen Tag mit mir herumtrage.

Das sind Geistesformationen, die leicht aufgespürt werden können. Sie sind ganz an der Oberfläche. Natürlich gibt es Menschen, die sich auch damit etwas schwer tun.
Je mehr ich Achtsamkeit übe, desto mehr wird es der Betrachtung eines Bildes als Ganzes entsprechen, anstatt der Betrachtung einzelner Details, die voneinander getrennt sind. Die Betrachtung des Ganzen kommt nach und nach.

Meditation geht aber noch weiter. Viel weiter!
Die oberflächlichen Geistesformationen aus Gedanken, Gefühlen, Empfindungen und Emotionen gleichen den Wellen auf einem See. Ich schaue hin und sehe die Wellen, aber ich kann noch nicht unter die Oberfläche schauen. Im übertragenen Sinn sind das meine Alltagsgedanken, Gefühle, Reaktionen und Empfindungen.
Sobald sich der See beruhigt hat, kann ich in die Tiefe schauen und erkennen, was dort alles vorhanden ist. Die Ruhemeditation (Samatha) beruhigt das oberflächliche Kräuseln. Die Einsichtsmeditation (Vipassana) bringt tiefere Erkenntnisse zur Wirkungsweise des Geistes.

Das bedeutet also, die oberflächlichen Formationen meines Geistes zu beruhigen, um in seine tieferen Sphären vordringen zu können.
Auch dort bewegen sich Gedanken und Gefühle, aber sie werden – je tiefer ich vordringe – immer feiner und subtiler. Oft sind es sinnlos anmutende Gedankenfetzen, Fragmente von Gedanken und Gefühlen, die kurz aufblitzen und wieder verschwinden. Da werden auch Bilder sein, Gesichter und Landschaften, die mir fremd erscheinen können. Der Geist ist auch in der Tiefe aktiv.
Je tiefer ich meinen Geist erkunde und wahrnehme, desto deutlicher werden mir die 3 grundsätzlichen Merkmale des Daseins erscheinen. (1) Ich werde erkennen, dass alles vergänglich ist. Kein Gedanke, kein Gefühl und keine Situation bleibt. (2) Alles hat das Potential Leid zu erzeugen, indem etwas Erfreuliches vergeht oder etwas Unerfreuliches zu mir kommt. (3) Nichts entsteht und besteht aus sich selbst.

Je tiefer ich vordringe, desto ruhiger wird es werden, bis sich irgendwann eine entzückende, friedliche Stille als erste Stufe der Meditation einstellt.
Bis zur Erleuchtung, so ist es vom Buddha überliefert, gibt es acht Stufen zu durchlaufen.

Yeshi Papamojo
Author: Yeshi Papamojo



3 Antworten zu „Was ist Meditation? [2]“

  1. Wie kann das Bewusstsein das Zucken der großen Zehe wahrnehmen, wenn es sich selbst wahrnimmt ?
    Wie kann man im Samadhi die Illusion von Raumzeit vergegenwärtigen?

    1. Wie das Bewusstsein etwas Körperliches wahrnimmt, wenn es sich selbst wahrnimmt?
      Ich empfinde es so, dass Bewusstsein panoramaartig alles wahrnimmt und keinen Fokus setzt.
      Den Fokus setzt der Beobachter und selektiert dadurch. Der Beobachter wird dann auch den Blick des Bewusstseins auf sich selbst wahrnehmen.
      Samadhi und Raumzeit?
      Die Raumzeit, wenn ich Deine Frage richtig verstehe, erlebe ich durch die Vergänglichkeit. Das z.B. schon beim Auftauchen und Vergehen von Gedanken oder Gefühlen.
      Vielen Dank für Deinen Kommentar!
      Yeshi.

      1. Bewusstsein ist der Zustand, der als unmanifestierter Aspekt bewegungslos, randlos, zeitraumlos, formlos, namenlos, personlos, beginn- und endlos, wunschlos, vielfaltlos, in sich ewig ruhend und strahlend, allwissend.

        Raumzeit kann man als Individuum auch als Vergangenheit und Zukunft wahrnehmen, doch das bedeutet auch, nicht die Gegenwart wahrzunehmen.
        Vergangenheit ist verdamptes Wasser, Zukunft noch vereistes; nur die Gegenwart fließt. Bade darin! Wenn alles, was man als Wahrnehmung nur mit den 5 Sinne empfindet, sind illusorische Empfindungen , die alle vergänglich sind und dem ständigen Wechsel, der Änderung unterstehen. Und alles, was unstett und ewig wandelbar ist, ist absolut illusorisch. Darum ist alles, was Vielfalt ist und Form hat, illusorisch.
        WIRKLICHKEIT ÄNDERT SICH NICHT UND IST EINHEITLICH, NICHT VIELFÄLTIG. Dies ist der Zustand Absoluter Wirklichkeit.

        Das Relative aber kennt nur Vielfalt und Änderung.
        Viele Grüße zurück!

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