Perspektivwechsel (1)

Diesen Beitrag als MP3 anhören (5:06 min.)

Methoden

Wenn du alle Methoden durchprobiert hast, aber dir überhaupt nicht sicher bist, ob du dabei jemals Meditation erlebt hast, dann wird dir allmählich klar werden, dass es nicht auf die Methode ankommen kann.

Wir sind alle daran gewöhnt Werkzeuge und Hilfsmittel zu nutzen, um irgendetwas zu erschaffen und auch eine Meditations-Methode ist ganz einfach ein hilfreiches Werkzeug. Deshalb fühlt man sich so abhängig von Methoden.

Zu merken, dass es bei Meditation nicht auf die Methode ankommt, ist eine wichtige Erkenntnis.

Das bedeutet nicht, Methoden beiseite zu legen. Methoden sind für eine gewisse Zeit unerlässlich!

Ein Kind, das Radfahren lernt, nutzt Stützräder an seinem Fahrrad, um ein Gefühl für diese Art der Fortbewegung zu bekommen. Radfahren mit Stützrädern ist eine Übungs-Methode. Irgendwann wird das Kind die Stützräder ablegen müssen, um wirkliches Radfahren zu lernen.

Das Gleiche gilt für das Erlernen von Meditation. Korrekt formuliert muss es heißen Meditation muss erinnert werden. Das nebenbei erwähnt. Meditation ist unsere natürliche Fähigkeit, mit der wir auf diese Welt gekommen sind.

Ich erinnere mich an Kindertage. Ich bin vielleicht 4 oder 5 Jahre alt. Ich bin mit meiner Mutter im Schwimmbad. In ein Handtuch eingewickelt liege ich unter einem Baum. Die Sonne blinzelt zwischen den Blättern hindurch, der Wind streicht durch mein Gesicht. Ich höre die Stimmen der Menschen. Ich bin vollkommen entspannt, nur in der Wahrnehmung dessen, was geschieht. Ich bin in Meditation, aber ich weiß noch nicht, dass ich meditiere.

Als Anfänger beginne ich also mit Meditations-Methoden, wie ein Kind, das mit Stützrädern Radfahren lernt. Irgendwann, wenn ich ein Gefühl dafür bekommen habe, wie ich meinen Geist zur Ruhe bringen kann, muss ich merken, dass es Zeit ist die Methode in den Hintergrund zu rücken und meine Achtsamkeit anstatt auf das richtige Ausführen der Methode, gegen die Achtsamkeit auf die entstandene innere Ruhe zu lenken. Dafür braucht es keine Methode mehr. Ja, sie würde sogar verhindern die Schwelle zur Meditation zu übertreten.

Samatha, die Ruhe, ist das Mittel, das mich durch eine Methode angeleitet an die Schwelle  zur Meditation führt. Vipassana, die Einsicht, ist das, was auf das Gewahrsein der Ruhe folgt und in die Meditation führt.

Es ist das Erlebnis einer Sicht in mich selbst durch die Wahrnehmung der Ruhe und die darauf folgende zunehmende Tiefe der meditativen Erfahrung, die dann zur Berührung meiner bisher verborgenen geistigen Potentiale führt.

Die Erfahrung von Meditation wird also durch die Reinigung von unwillkürlichen Gedankenbewegungen mithilfe einer Methode ermöglicht. Mit der Reinigung, man nennt sie auch Läuterung, kommt der Geist zur Ruhe und auf der Ruhe kommt der Geist an die Schwelle zum Eintritt in die Meditation.

Der Eintritt in die Meditation ist fast immer mit einem sehr angenehmen Körpergefühl verbunden, das gewissermaßen aus dem Nichts entsteht. Es ist keine äußere Einwirkung, wie Wärme oder eine Berührung, die dieses Gefühl erzeugt. Es entsteht innen aus sich selbst heraus. Es ist, wie wenn sich der Körper freuen würde. Und tatsächlich ist es eine Freude, die von ganz tief aus dem Körper nach oben in die bewusste Wahrnehmung dringt.

Für viele ist es eine ganz neue Art des Wohlgefühls, weil es ohne Anstrengung und ohne äußere Einwirkung aus selbst heraus entsteht. Und natürlich wird man ein erstes Mal überrascht sein. Und ja, man darf es genießen.