Gott in der Fliege

Den Begriff „Gott“ verwende ich höchst selten, weil ich das, was er verkörpert, überall sehen kann…wenn ich hinschaue.

Neulich hatte ich die Gelegenheit, eine Stubenfliege unter einem Mikroskop zu betrachten.

Was ich entdeckte, wirkte für mich wie die Sequenz aus einem modernen Science-Fiction-Thriller und dabei handelte es sich „nur“ um die stark vergrößerte Ansicht einer gewöhnlichen Fliege. Natürlich kannte ich solche Ansichten bereits von Fotos, aber jetzt lag dieses faszinierende Wesen, das man gewöhnlich reflexartig verscheucht oder achtlos erschlägt, live vor mir.

Ja, ich war mehr als beeindruckt von dieser Erfahrung. Ich hatte die Gelegenheit genau hin zu sehen, Details zu betrachten und zu erleben, wie sich in mir Ehrfurcht anfühlt.

Ganz spontan tauchte in mir die Frage auf, welcher geniale Geist imstande ist, ein so faszinierendes und skurril schönes Geschöpf entstehen zu lassen? Alle Details an diesem Wesen würden wohl eine ganz bestimmte Funktion haben, um sein Überleben zu sichern und darüber hinaus schaute mich so viel atemberaubend kreatives Design durch mein Mikroskop an. Schillernde Farben, symmetrische Linien und Formen, von künstlerischer Hand liebevoll erschaffen.

Ich schwor mir in diesem Augenblick, einer Fliege niemals mehr achtlos zu begegnen, denn jedes Mal würde der Anblick der stark vergrößerten Fliege als Zeugnis göttlicher Schöpfung in meiner Erinnerung auftauchen.

Wie viel Schönheit, Komplexität und Kreativität kann ich in einem Blatt entdecken oder in der mikroskopischen Ansicht eines beliebigen Tieres oder eines Menschen?

Der gewöhnliche Alltagsblick geht über das Göttliche hinweg, das ich überall entdecken kann, wenn ich hin sehe.

In allem was ich denke, fühle und wie ich handele, steckt der göttliche Funke, der auch mich selbst erschaffen hat.